Was ist der Unterschied – und wann wende ich was an?
Bestimmt sind dir diese Begriffe schon mal begegnet.
Beides sind Ansätze, um in schwierigen Momenten wieder zu Ruhe und Klarheit zurückzufinden. Und hinter beiden Ansätzen verbirgt sich eine Vielzahl verschiedener Strategien.
Der grundsätzliche Unterschied:
Mit Top-Down-Methoden wirkst du mithilfe kognitiver Strategien auf Gefühle, Verhalten und Körperreaktionen ein.
Dein Verstand ist der Boss und navigiert dich durch den Sturm.
Bottom-Up-Methoden hingegen setzen auf der Ebene der Körperwahrnehmung und der körperlichen Reaktionen (z. B. Atmung, Bewegung, Muskeltonus) an, um so das Gehirn und die Emotionen zu regulieren.
Anders gesagt, du beeinflusst deinen Körper, und dein Gehirn interpretiert dies entsprechend.
Damit die Konzepte greifbarer werden, hier einige Beispiele:
Typische Top-Down-Methoden:
- Reframing: Entwickle eine neue Perspektive auf eine belastende Situation, z. B.: „Fehler bieten die Gelegenheit, etwas zu lernen.“
- Fokuslenkung: Suche dir inmitten des Chaos etwas Schönes – eine Blume, die Sonne oder zur Not die Tasse Kaffee – und konzentriere dich darauf.
- Psychoedukation: Verstehe, was in deinem Körper bei Stress passiert, um gelassener damit umgehen zu können.
- Handlungspläne entwickeln: Schreibe dir konkrete Schritte auf und ordne sie nach Prioritäten.
- Visualisierung: Versetze dich imaginär in eine angenehme Situation, um Stress zu reduzieren.
- Positive Affirmationen: Wiederhole Sätze wie „Ich schaffe das“ oder „Ich bin ruhig und gelassen.“
- Rationale Analyse: Erstelle Pro-und-Kontra-Listen oder überprüfe Zusammenhänge.
- Perspektivwechsel: Überlege, wie jemand anderes diese Situation empfinden würde. (z. B. „Was würde Bud Spencer in meiner Lage tun?“)
- Verhaltensexperimente: Setze dich dosiert mit schwierigen Situationen auseinander.
- Emotionales Labeling: Benenne deine Gefühle, um Distanz zu schaffen.
Aktivierende Bottom-Up-Techniken (regen den Sympathikus an):
- Atmung: z. B. die Wim-Hof-Methode.
- Bewegung: Hüpfen, Tanzen.
- Kälte- oder Wärmereize.
- Körper abklopfen.
- Stimulierende Sinneseindrücke: Intensive Gerüche, helles Licht, laute, rhythmische Musik oder kräftige Farben.
- Körperhaltung verändern.
Beruhigende Bottom-Up-Techniken (regen den Parasympathikus an):
- Atemtechniken: z. B. die Herz-Kohärenz-Atmung.
- Achtsamkeitstechniken: z. B. die 5-4-3-2-1-Technik.
- Progressive Muskelentspannung.
- Sich wiegen oder summen.
- Sich selbst umarmen oder eine Gewichtsdecke nutzen.
- Bodyscan.
- Visuelle Erdung: Die Aufmerksamkeit z. B. auf eine Kerzenflamme richten.
- Aromatherapie: Verwende beruhigende Düfte.
- Sanfte, rhythmische Musik.
Wann eignet sich welche Methode?
Bottom-Up-Techniken sind besonders hilfreich, wenn du dich in einer Situation befindest, die sehr starke emotionale und körperliche Reaktionen hervorruft. In solchen Momenten fällt es oft schwer, mit kognitiven Strategien auf sich selbst einzuwirken – wie es bei Top-Down-Methoden erforderlich ist.
Das Nervensystem ist in diesen Momenten zu dysreguliert und dein internes „Gefahrenmeldesystem“ übernimmt. Evolutionär gesehen ist dies sinnvoll, da es unser Überleben sichert. Unsere Vorfahren, die bei der Begegnung mit einem Bären auf „positive Affirmationen“ gesetzt haben, hatten vermutlich keine großen Chancen, sich fortzupflanzen.
Obwohl wir heute selten echten Bären begegnen, können bestimmte Situationen – abhängig von unseren bisherigen Erfahrungen – unser System in einen ähnlichen Zustand versetzen.
Mit Bottom-Up-Techniken kannst du dein Nervensystem zunächst beruhigen (bei Übererregung) oder aktivieren (bei Zuständen wie Freeze oder Dissoziation).
Ein Beispiel:
Stehst du z. B. vor einer Prüfungssituation und bist aufgeregt, frag dich, ob du dich mit Top-Down-Strategien wie Fokuslenkung oder positiven Affirmationen beruhigen kannst.
Falls diese Interventionen nicht mehr zu dir „durchdringen“, sind Bottom-Up-Methoden – wie eine einfache Atemübung – die bessere Wahl.
Generell kann man sagen:
Je verbundener du mit deinem Körper bist, desto leichter wird es dir fallen, zu erkennen, wie es dir gerade geht, die Ursache dafür nachzuvollziehen und herauszufinden, was du brauchst. Das hilft dir auch, die passende Methode auszuwählen.
Manchmal sind wir uns jedoch gar nicht bewusst, dass wir uns in einem dysregulierten Zustand befinden – aber dazu mehr in einem kommenden Beitrag.
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